Zwischen Iserlohn und Letmathe gibt es zahlreiche sichtbare Kalkfelsen mit den Spuren des Kalksteinabbaus und etlichen Höhlen, zu denen man sich folgende Geschichte des Zwergs Buntröckchen erzählt, der den Menschen das Wissen um die Kalkbrennerei geschenkt hat.
Es war einmal ein kleiner alter Zwerg, der ganz allein auf einem hohen Kalkfelsen wohnte. Tagein, tagaus sah er zu, wie ein Junge aus dem Dorf die Kühe der Bauern aus der Gegend zu den Weiden am Felsen führte. Weil nun der alte Zwerg so allein war, dachte er bei sich, dass es doch sicher schön wäre, wenn er jemanden wie den Hütejungen zum Reden hätte. Gesagt, getan sprach er den Jungen an und verbrachte fortan viele gemeinsame Stunden mit ihm und den Kühen. Der Junge und der alte Zwerg erzählten sich viele spannende Geschichten. Und weil sie gemeinsam viel besser auf die Kühe aufpassen konnten, ging nicht mehr auch nur eines der Kälbchen verloren und alle Kühe gaben gute Milch.
Bald hatte es sich im Dorf herumgesprochen, dass der Hütejunge seine Arbeit immer so sorgfältig und gewissenhaft versah und es allen Kühen alle Tage sehr gut ging. Die Bauern erfuhren von dem Zwerg, der beim Hüten half. Und weil sie so dankbar waren, schenkten sie dem Zwerg einen wunderschönen neuen Gehrock in den Farben schwarz, weiß und grün. Der Zwerg freute sich über das Geschenk und weil er bislang keinen eigenen Namen hatte, nannten ihn die Leute fortan „Buntröckchen“. Die Farben gefielen allen Bauern so gut, dass sie ihre Häuser in den gleichen schönen Farben anstrichen: Schwarz für die Pfosten, Weiß für die Wände und Grün für die Fensterläden.
Als aber nun das nächste Osterfest gekommen war, führte der Hütejunge wieder einmal die Kühe zum Kalkfelsen und trat traurig dem Zwerg entgegen. Er sprach: „Buntröckchen, ich muss in die Ferne zu einem tüchtigen Meister gehen und ein Handwerk erlernen.“ Der Zwerg gab ihm ein goldenes Hämmerchen und sagte mit ernster Stimme: „So lerne nur tüchtig, sei stets brav und werde ein tüchtiger Geselle. Das Hämmerchen soll Dich an unsere gemeinsame Hütezeit erinnern und Dir bei der Arbeit helfen. Vergiss mich nicht und wenn Du mich einst brauchst, dann rufe mich.“
Nach Jahr und Tag kam der Hütejunge zurück, denn aus ihm war ein tüchtiger Meister geworden. Er stieg auf den Felsen und rief nach seinem alten Freund, dem Zwerg Buntröckchen. Beide freuten sich sehr über das Wiedersehen und hatten sich viel zu erzählen. Zum Abschied aber sagte der Zwerg: „Mein lieber Freund, ich bin nun alt geworden und gehe zurück in den Berg zu meinem Zwergenvolk. Da will ich mich zum Sterben legen. Du aber sollst wissen, dass diese Kalkberge einen großen Schatz in ihrem Gestein bergen. Brenne die Steine zu Kalk und Du wirst damit viel Reichtum erwerben.
Tatsächlich ist es so, dass in der Industrie der gebrannte Kalk eine wichtige Bedeutung einnahm und vielen Familien dieser Wirtschaftszweig ein Einkommen sicherte. Reichtum im eigentlichen Sinne war aber nur wenigen Familien über die Nutzung der Kalksteinsteinbrüche vorbehalten.
Quelle: u.a. Richard Althaus (Hg.), Märkische Sagen von Ruhr und Lenne, Volme und Ennepe, Gummersbach, Gronenberg, 1986, S. 29 f., bearb. von Irene Rumpler M.A.
In Iserlohn und dem Hönnetal lagern große Massenkalkvorkommen, die in früherer Zeit im Iserlohner Raum und im Hönnetal intensiv abgebaut wurde und unter anderem als Baumaterial Verwendung fand. Kalkstein wurde aber auch als Zuschlag bei der Eisenerzverhüttung verwendet. Zuschlagsstoffe wie u.a. Kalk (Calciumoxid) dienen während des Hochofenprozesses zur Bindung der unerwünschten Bestandteile des Erzes in der Schlacke und senken zudem die Schmelztemperatur des Eisens.