Der als Zwerg oder als Elb bezeichnete Wieland der Schmied war offensichtlich eine umtriebige Mythengestalt und taucht sowohl im angelsächsischen als auch nordischen Raum auf. Vielerorts wird beansprucht, dass Wieland hier oder dort gewirkt haben soll. In Südwestfalen soll Wieland in Balve und Wilnsdorf gewirkt haben. Woher er wirklich kam – dieses Rätsel ist bislang nicht gelöst.
In den europäischen Mythologien – werden Schmiede als Götter (Hephaistos, Vulkanos), Halbgötter (Wieland), als Mentoren zukünftiger Helden (Reginn), als Könige (Goibniu) oder als Schätzhüter (Alberich/Andwari) beschrieben. Ob gute Retter oder boshafte Rächer – Schmiede hielten ob ihres Geschick und ihres Wissen um die Herstellung von Wunderwaffen (z. B. Gram oder Balmung, Mimung) eine hohe gesellschaftliche Stellung inne.
Die Mutmaßung, dass sich Wieland der Schmied im Siegerland niedergelassen hat, beruht auf einer Stelle in der "Vita Merlini", eine von Geoffrey von Monmouth um 1150 verfasste mittellateinische Dichtung um den sagenhaften Dichters Myrddin. Hier wird erwähnt wird, dass Wieland der Schmied (Guilandus) "in urbe sigeni" Gold und Edelsteine und Kelche graviert. In der englischen Übersetzung wird Sigenia jedoch mit der Stadt Segontium (Kaer Sigont, jetzt Caer Seiont in Wales) übersetzt.
Die frühste bekannte Darstellung der Geschichte von Wieland dem Schmied ist auf dem angelsächsischen Runenkästchen von Auzon zu sehen, das um 700 in Northumbria hergestellt wurde. Es wird darauf eine Szene dargestellt, die auch in der Thrideksaga (Sage um Dietrich von Bern = Theoderich der Große) erzählt wird. Wahrscheinlich sind Szenen aus der Wielandssaga unter anderem auch auf dem Bildstein von Ardre (datiert zwischen 8. - 11. Jh.) auf Gotland zu sehen. Eine frühe, wenngleich kurze Erwähnung findet Wieland in einer Anspielung auf seinen Sohn Widia/Witige (Welandes baern, Widea) in "Deors Klage", einem altenglischen Gedicht um den sagenhaften Gotenkönig Dietrich von Bern aus dem "Exeter Book" (Niederschrift 2. Hälfte 10. Jh.).
In der Thrideksaga wird erwähnt, dass Wieland (hier: "Velent") seine Ausbildung zum Schmied bei Zwergen in "Ballofa im Hünnenland" absolviert. "Ballofa" wird in der Sekundärliteratur oft mit Balve (im Sauerland) gleichgesetzt, was aber auch nicht eindeutig zu beweisen ist. In der Liederedda wird im Wölund-Lied (Völundarkviða ) eine ähnliche, gegenüber der Thridekssaga jedoch leicht abgewandelte Geschichte um den "König der Elben" erzählt. Die Thrideksaga als auch die Liederedda sind beide Kompilationen verschiedener mündlich überlieferter Sagenstränge und wurden im 13. Jh. in altnordischer Sprache niedergeschrieben. Die in germanischen Stabreimen verfasste Liederedda beruht jedoch vermutlich auf einer älteren mündliche Sagentradition.
Literatur:
Zu „Deors Klage“: Joachim Heinzle, Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik, Berlin 1999, S. 17
Die Sage von Wieland dem Schmied in der Thirdrekssage: Die Geschichte Thrideks von Bern (Sammlung Thule Bd. 22). Übertragen von Fine Erichsen. Jena: Diederichs 1924
Wölundlied, in: Die Edda - die ältere und jüngere nebst den mythischen Erzählungen der Skalda übersetzt und mit Erläuterungen begleitet von Karl Simrock. Siebente verbesserte Auflage, Stuttgart, S. 1878.
Die ältere Edda. Heldensage - 17. Völundarkvidha. Das Lied von Wölundur: Die Edda - die ältere und jüngere nebst den mythischen Erzählungen der Skalda übersetzt und mit Erläuterungen begleitetvonKarl Simrock. Siebente verbeßerte Auflage, Stuttgart, S. 1878. Online unter: http://gutenberg.spiegel.de/buch/4321/17
Text: Susanne Thomas M.A.