Die Stahlwerke Südwestfalen AG ließen in den 1950er Jahren unter der Leitung des Arbeitsdirektors Dr. Erich Dudziak wegen dem Wohnungsmangel in den Nachkriegsjahren die Siedlung Wenscht in Siegen-Geisweid bauen. Eine 3-jährige Beschäftigung in den Stahlwerken war Voraussetzung, um bauen zu dürfen. Die Gebäude entstanden meist in Eigenleistung. Von hoher städtebaulicher Qualität ist die „Vordere Wenscht“, eine Gartenstadt mit Laubenganghäusern. Namhafte Künstler haben viele Skulpturen und Fassaden gestaltet.
Das "Wenscht": Die Entstehung der Siedlung ist eng verknüpft mit der Entwicklung der Stahlindustrie im Siegerland der Nachkriegszeit. Das damit ausgeweitete Angebot an Arbeitsplätzen in den Stahlwerken bot vielen zuziehenden Vertriebenen aus dem ehemaligen deutschen Osten ihren Lebensunterhalt. Auf Initiative des Arbeitsdirektors Dr. Erich Dudziak (1906-1995) der Stahlwerke Südwestfalen sollten Wohnungen und Häuser im Grünen entstehen. Ende des Jahres 1950 wurde das Gebiet der Wenscht in der Gemeinde Klafeld für die Bebauung freigegeben.
Die Bebauung des Wenscht staffelte sich zeitlich in drei Abschnitte, "das Hintere Wenscht" (Planungsbeginn 1950), "das Obere Wenscht" (ab 1952) und das "Vordere Wenscht", gefördert mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus für vorbildliche Lösungen zur Schaffung moderner Wohngebiete. Zu den 220 Eigenheimen, 310 Mietwohnungen, 20 Wohnungen in einem Geschäftsgebiet und 60 Wohneinheiten in einem Ledigenheim sollten alle Einrichtungen mitgeplant und mitgebaut werden, die neben den Wohngebäuden notwendig wurden: Geschäfte für den täglichen Bedarf, PKW-Stellplätze, Kindergärten, Schulen, Milchbar, Post und Apotheke, eine evangelische und eine katholische Kirche mit Kindergarten und Jugendräumen, eine großzügige Grünfläche mit Teich, Fußball- und Spielplatz für Kinder sowie das Grün zur Verbindung mit der gewachsenen Landschaft.
Die Gartenstadt "Vordere Wenscht"
Das Vordere Wenscht ist als Gartenstadt angelegt und damit ein eigener Teil der Siedlung Wenscht. Die raumplanerisch und gartentechnisch realisierte Idee dürfte in Deutschland wirklich einzigartig sein. Für das "Vordere Wenscht" wurden - für das Siegerland in diesem Maß und in der Art erstmalig - Eigenheime und Mietwohnungen in längeren Baukörpern zusammengefasst. Die Westfälische Wohnstätten AG (Dortmund) und die beauftragten Architekten Helmut Erdle (1906-1991) aus Stuttgart und Karl Brunne (1907-1972) aus Unna-Hemmerde entwarfen für die Hangbebauung gestaffelt angeordnete Reihenhäuser und Laubenganghäuser mit Abwandlungen in den Grundrisstypen. Die von der Wenschtstraße und dem Albichweg begrenzte Talaue, mit dem Spielplatz am nördlichen Ende und dem Schwanenteich am unteren Ende, blieb von Bebauung frei und wurde als öffentlich nutzbare Parkanlage gestaltet. Die Gesamtplanung zeichnet sich durch eine Freiraumgestaltung aus, die die vorgefundene Landschaft und die Bedürfnisse der künftigen Bewohner nach naturhaften Elementen in das Bebauungskonzept einbezog. Freiflächen, Waldstreifen, parkähnliche Anlagen und Wasserflächen geben diesem Gebiet Großzügigkeit und Weite, die platzähnlichen Straßenerweiterungen lassen vergessen, dass dieses Gebiet dicht bebaut ist.
Kunst
Im Vorderen Wenscht hatte sich Dr. Dudziak vorgenommen, die Siedlung durch Kunst zu verschönern. Entsprechende Aufträge an Künstler des Siegerlands sollten helfen, dieses Wohngebiet zur Heimat werden zu lassen. Die Darstellung der Künstler sind durchweg gegenständlich und versöhnlich. Sie beschäftigen sich vorwiegend mit der Geschichte des Siegerlandes und mit der Geschichte der Neubürger Geisweids. Viele dieser Kunstwerke sind heute noch in gutem Zustand, und sie werden von den Menschen im Wenscht gepflegt.
Laubenganghäuser
Nach Auffassung des LWL-Amtes für Denkmalpflege stellen die Laubenganghäuser die größte Innovation des Projekts Wenscht dar. Das wird wie folgt begründet: Sie bieten interessante Einzelheiten: Durch Wechsel in der Fassadengliederung und die Stellung der Baukörper werden immer neue Ein- und Ausblicke sichtbar. Die Laubenganghäuser sind dreigeschossig und weisen pro Stockwerk fünf Wohnungen von jeweils 54 m² Wohnfläche auf. Alle Wohnungen sind mit einem Balkon zur Südseite ausgestattet, der mit seinem trapezförmigen Grundriß ein wichtiges Gestaltungsmerkmal ist. Die Wohnungen im Erdgeschoß besitzen ebenerdige Eingänge, die anderen Wohnungen sind durch Laubengänge erschlossen, die über zwei Treppenhäuser erreichbar sind. Drei Laubenganghäuser tragen an den Stirnseiten der Treppenhäuser große Kratzputz-Wandgemälde Adolf Saengers mit den familienorientierten Themen "Garten", "Spiel" und "Hausmusik". Die Laubengänge seien im Siegerland einzigartig gewesen.
Text: Auszug aus www.das-wenscht.de/geschichte / Fotos: Stadt Siegen